Dorf mit Wehranlagen gegen Plünderungen und Hochwasserschutz

Bilder zur Rekonstruktion einer mittelalterlichen Motte in Lütjenburg in Deutschland, das Krales sehr nahe kommen dürfte. Der Burgberg war in Krales jedoch größer und bot vermutlich noch einem zweiten Gebäude Platz. Es ist zudem eher unwahrscheinlich, dass der Graben mit Wasser gefüllt war. Diese Bilder stammen von wfw-Film - ein Unternehmen, das wissenschaftliche Filme für Unterricht und Weiterbildung und dazu passende Unterrichtsmaterialien für Lehrer anbietet.

 Gräben und Wälle um Dorf gegen Überfälle und Überschwemmungen

 

Wie sah das ursprüngliche, hochmittelalterliche Krales aus? Der Ort war etwa 450 Meter lang und 150 Meter breit. Das wird durch die nach wie vor gut erhaltene Graben-Wall-Anlage bzw. künstlich angelegten Böschungen erkennbar.

 

Die Gräben um das Dorf dürften bis zu zwei Meter tief gewesen sein. Auf dem innen liegenden Wall waren wohl typischerweise Holzzäune oder Palisaden aufgesetzt und dorniges Gestrüpp gepflanzt. In der südöstlichen Ecke der Dorfanlage ist heute noch eine eineinhalb Meter hohe Böschung erhalten. Damit wollte man sich gegen Plünderungen und wilde Tiere schützen.

 

Die Gräben um das Dorf hatten bei starkem Regen wohl auch die zusätzliche Funktion, das Hangwasser und somit Überschwemmungen fernzuhalten und am Dorf vorbei Richtung Norden abzuleiten. Die Entwässerung des Glasweinerwaldes im Bereich von Krales verläuft von Süd nach Nord in Richtung Enzersdorf/ Göllersbach.

 

Auf der Westseite des versunkenen Dorfes ist dieser Graben noch annähernd erhalten und erfüllt im nicht zerstörten Bereich nach wie vor diese Funktion. Das geht aus der Hangwasserkarte des Landes NÖ hervor (siehe Karten nebenan). Man kann annehmen, dass das Regenwasser im Mittelalter ähnlich ablief, da im Umkreis keine großen geologischen Eingriffe in der Natur vorgenommen wurden.

 

Im Osten läuft das Hangwasser sogar als Hauptfließweg dem nur noch schwach erkennbaren Wall entlang. Es ist daher wahrscheinlich, dass an der Ostseite des Dorfes ursprünglich entweder ebenfalls ein Graben verlief - oder nur ein Wall und dahinter ein Weg, der dem Wasser als Abfluss diente.

 

Tore zum Dorf nachts geschlossen

 

Die Straße, die annähernd in Nord-Süd-Richtung durch den Ort verlief, wurde nachts gesperrt. Dafür sorgten Tore, die bei Dunkelheit verschlossen wurden und die Wallanlage ergänzten. So konnte man sich zumindest vor Räubern und wilden Tieren gut schützen.

 

"Das Weinviertel war wegen seiner grenznahen Lage immer sehr umkämpft. Die Siedlungen waren wegen der ständigen Plünderungen mit solchen Wehranlagen ausgestattet - ganz anders, als etwa im Mostviertel und in Oberösterreich, wo es großteils Streusiedlungen gab", weiß Gerhard Hasenhündl, Leiter der Archäologischen Abteilung des Museumsvereins Hollabrunn.

 

Dorf mit rund 250 Einwohnern sehr groß

 

Links und rechts der Dorfstraße befanden sich insgesamt an die 40 Höfe. Hochgerechnet lebten damals über 250 Personen in Krales, was im Mittelalter ein weit überdurchschnittlich großes Dorf bedeutete

 

Die Parzellen sind 15 Meter breit und etwa 80 Meter lang. Die Wohngebäude mit Hauskellern (zur Vorratshaltung) waren an der Straßenfront, dahinter befanden sich die Innenhöfe - vermutlich mit einfachen Scheunen oder Ställen - und anschließend Obst- und Gemüsegärten. Zwischen den Nachbargrundstücken waren Zäune zur Abgrenzung aufgestellt.

 

Der Friedhof war in der Regel innerhalb der Wallanlage. Vielleicht gab es sogar eine kleine Holzkapelle in der südöstlichen Ecke des Ortes, um welche typischerweise die Gräber angelegt waren. In dieser Ecke der Dorfanlage ist übrigens eine 22 mal 10 Meter große Mulde zu erkennen, die zwischen einem halben und ganzen Meter tief ist. Die Bedeutung ist unklar.

 

Die Wasserversorgung dürfte mittels Brunnen bewerkstelligt worden sein. Zumindest lassen historische Quellen darauf schließen, die solche anführen.

  

Bauernhäuser aus Holz und Lehm

 

Noch heute erkennt man unzählige Gruben entlang der noch vorhandenen Dorfzeile, die heute ein kleiner Forstweg ist.  Diese Gruben waren früher vor allem die Wohngebäude. Sie entstanden, da die Grundmauern der Häuser aus Stein waren, nicht verrotteten und im Laufe der Jahrhunderte nur mit dem Waldboden bedeckt wurden. Wo früher die Wohnräume waren, bildeten sich so Mulden.

 

Die Steinfundamente waren damals nicht nur wegen der Stabilität von Bedeutung, weiß Gerhard Hasenhündl. Sie sorgen auch dafür, dass Wasser nicht ins Innere rinnen konnte. Zumal die Häuser - entweder Fachwerkbauten mit Lehmverputz oder Blockhäuser - zum Großteil aus Holz waren, lag ebendieses dann auch nicht am Erdboden auf und verfaulte daher nicht so rasch.

 

Im Inneren der Häuser gab es meist nur einen oder zwei Wohnräume, in dem mehrere Generationen samt etwaiger Knechte und Mägde lebten. Der Kamin war offen, in den Räumen war es rauchig. Lungenkrankheiten waren also keine Seltenheit. Die Menschen waren vom Tageslicht abhängig, Kerzen zu teuer. Die rauchenden Kienspäne waren zur Beleuchtung üblich.

 

Die Menschen gingen daher in der Regel mit den Hühnern schlafen und standen mit dem Hahnenschrei auf. Zu essen gab es hauptsächlich Feldfrüchte, das waren Gemüse und Getreidebrei. Erdäpfel, Mais und Paradeiser gab es noch nicht. Sie kamen erst im 16. Jahrhundert nach der Neuentdeckung Amerikas nach Europa.

 

Die Dächer der Häuser waren meist aus Stroh, Schilf oder Rinde. Schindeln waren  teuer und wurden bestenfalls bei Burgen verwendet.

 

Herrschaftssitz mitten im Ort

 

Mitten im Ort erhebt sich ein markantes, künstlich aufgeschüttetes Plateau.  Darauf hat sich wohl die Kernburg, ein „festes Haus“, der urkundlich erwähnten Herren von Krales (unter anderem auch Chruels oder Kreuls genannt) befunden. In der Fachsprache wird das „Motte“ genannt. Dazu gehört auch noch ein zweites, kleineres Plateau, ganz typisch für eine tieferliegende Vorburg.

 

Die Kernburg. Die Burganlage dürfte aus einer schmalen, natürlichen Verwerfung herausgearbeitet worden sein, die in Nord-Süd-Richtung bis zur Anlage verläuft. Im Norden und Westen der Erdburganlage wurde ein steiler Graben ausgehoben, der etwa drei Meter tief ist und früher wohl noch tiefer war. Mit dem Aushubmaterial wurde der ursprüngliche, natürliche Hügel im Bereich der Kernburg etwa um einen halben Meter (Westseite) bis einen ganzen Meter (Ostseite) angehoben. Auf Höhe des Plateaus ist der Graben etwa 10 Meter breit ist. Im Osten erhebt sich damit der Hügel um 4 Meter über das übrige Gelände.

 

Das Plateau ist auf der West-, Nord- und Ostseite jeweils rund 20 Meter lang, auf der Südseite etwa 25 Meter. Damit ergibt sich eine Grundfläche von knapp 450 m².

 

Gerhard Hasenhündl vermutet hier zusätzliche Holzzäune zum Schutz. Meist standen auf einem solchen Hügel ein turmartiges Gebäude und ein Nebengebäude, umgeben von einem hohen Zaun.

 

Auf der Südseite lag der Zugang eine mittig angelegte, etwa 15 Meter breite Rampe hinauf zum Plateau der Vorburg.

 

Die Vorburg. Diese Vorburg war ebenfalls 25 Meter breit, aber nur rund zehn Meter lang. Das ergibt eine Fläche von etwa 150 m². Sie befand sich etwas über dem Niveau der Dorfstraße. Gerhard Hasenhündl vermutet, dass sich hier die Wirtschaftsgebäude und die Stallungen befunden haben könnten. 

 

Östlich der beiden Plateaus verlief nördlich und südlich ein Zaun um das angrenzende Grundstück, das somit dazu gehörte.

 

Rätselhafter Hügel mit Wallanlage im Dorf

 

Rätsel gibt die südöstliche Ecke des Dorfes auf. Hier sind überhaupt keine Hausstrukturen erkennbar, weshalb in diesem Bereich Grünflächen und ein Friedhof denkbar wären. Die Fläche ist annähernd ebenerdig.

 

Dafür gibt es hier eine unregelmäßige, längsgezogene Vertiefung, die unmittelbar am östlichen Dorfwall liegt, der hier aus einer eineinhalb Meter hohen Böschung besteht. Die übrigen drei Seiten dieser Vertiefung sind von einer etwa einen halben Meter hohen Böschung umgeben.

 

Auf diesem rund 22 Meter langen und 10 Meter breiten Areal erhebt sich ein langgezogener Hügel. Dieser ist im Zentrum etwas über einen halben Meter hoch und fällt an den Seiten ab. Er ist etwa 12 Meter lang und 4 Meter breit. Ob hier einst ein Gebäude stand, ist reine Spekulation.

 

Feld-Terrassen noch erkennbar

 

Die Menschen lebten damals sehr gefährlich und mussten hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Dazu gehörte auch das Roden von Wäldern, um Felder anzulegen. In hügeligen Lagen waren Terrassenfelder üblich, um das Wasser bei den Pflanzen zu halten. Östlich von Krales sind sogar noch solche Terrassenparzellen im heutigen Waldboden gut erkennbar.

Gräben zur Ableitung von Regenwasser

Zäune zwischen den Gärten

So könnten die geflochteten Zäune zwischen den Nachbarn ausgesehen haben
So könnten die geflochteten Zäune zwischen den Nachbarn ausgesehen haben

Rekonstruktion und Höhenpunkte der Burganlage

Zweistufige Buranlage: Im Norden das Plateau der Kernburg (277,4m Seehöhe), dann die Vorburg (275,5m) und ein Graben (274,3m). Links davon befand sich die Dorfsttraße (276m).
Zweistufige Buranlage: Im Norden das Plateau der Kernburg (277,4m Seehöhe), dann die Vorburg (275,5m) und ein Graben (274,3m). Links davon befand sich die Dorfsttraße (276m).
Südostecke des Ortes mit separater Wallanlage am Dorfwall
Südostecke des Ortes mit separater Wallanlage am Dorfwall
Rätselhafte Anlage im Südosten des Dorfes (Blickrichtung Nord-Süd)
Rätselhafte Anlage im Südosten des Dorfes (Blickrichtung Nord-Süd)