Unter-Abtsdorf möglicher Name für Dorf mit Herrensitz und Weinberg

Am Schnittpunkt von Wegen

 

Der verödete Ort wurde im Rahmen der Recherchen zu den versunkenen Dörfern

für diese Website entdeckt. Er liegt im Wald im südlichen „Zipfel“ der heutigen Katastralgemeinde Enzerdorf im Thale am Ende des Grafenwegs - unmittelbar an einem uralten Kreuzungspunkt zweier Wege. Es liegt auf der Hand, dass dieser Ort geografisch eine gute Lage hatte und damit nicht unbedeutend war.

 

Diese Straßenkreuzung befindet sich am südöstlichen Ortsende. Folgt man dem Weg rund 2 Kilometer weiter Richtung Osten, kommt man direkt zum Waldteich und damit zu den beiden nördlich davon gelegenen Ortswüstungen (Gemeinde Ernstbrunn). Eine davon befindet sich auf der Zeilerwiese, die andere liegt nördlicher und hieß mit großer Wahrscheinlichkeit Apaerdorf.

 

 

Geht man den Weg (Grafenweg) hingegen 2,5 Kilometer in den Westen, kommt man nach Krales. Vom Grafenweg zweigte damals auch ein direkter Weg nach Enzersdorf ab. Im Kataster von 1822 ist dieser noch deutlich erkennbar. Er ging durch den Wald und über die Felder, bis er in Enzersdorf geradewegs in den heutigen Meierhofweg überging.

 

Folgt man dem Weg hingegen rund 2 Kilometer in den Norden, gelangt man schnurstracks und direkt zur belegten Ortswüstung (Ober-)Abtsdorf - unmittelbar bei der heutigen B40 beim Forsthaus Ödenkirchen.

 

Im Süden liegen Merkersdorf bzw. Nursch.

 

Namensgebung schwierig

 

Ein möglicher Name für die neu entdeckte Ortschaft ist daher Unter-Abtsdorf. Der Name wird zwar historisch genannt, konnte bislang aber nicht zugeordnet werden. 

Schweickhardt erwähnt in seiner Schilderung über Enzersdorf im Jahr 1833 etwa, dass neben Ober-Abtsdorf (heute Ödenkirchen) auch ein Unter-Abtsdorf exisitert haben soll, das näher gegen Enzersdorf gelegen sein soll. (Schweickhardt, Franz Xavier Joseph (1833): Darstellung des Erzherzogtums unter der Enns. Erster Band. PP. Mechitaristen: Wien. S. 249)

 

Ebenso denkbar wäre, dass es sich um das verschollene Edendorf handelt, das auch im heutigen Waldgebiet gelegen sein soll.

 

Wallanlage um das Dorf

 

Die Ortswüstung selbst wird mit Hilfe der Laserscan-Luftbildaufnahmen deutlich sichtbar. Anhand dieser Online-Karte des Landes NÖ sind links und rechts des heutigen Weges die Grundstrukturen von Höfen erkennbar. Rundherum ist eine typische Sicherungsanlage gegen Plünderer, wilde Tiere und Überschwemmungen auszunehmen. Sie umschließt den Ort mit einer Länge von rund 420 Metern und einer Breite von 130 bzw. 170 Metern. Vermutlich gab es rund 25 Häuser mit etwa 150 Einwohnern. Von den einstigen Häusern sind nur noch Gruben vorhanden.

 

Bis auf die Nordostseite, wo eine 1,5 bis 2 Meter hohe Böschung mit aufgesetztem Wall sichtbar ist, sind an den übrigen Seiten Graben-Wallanlagen erkennbar, die auch das Hangwasser ableiten sollten. Die südwestliche Häuserzeile (Parzellen je 15 Meter breit und 80 Meter lang) wurde in den Hügel hineingebaut, wodurch Plateaus für die Häuser geschaffen wurden.

 

Die Parzellen der nordöstlichen Häuserzeile waren innerhalb der Böschung, der ein Wall (samt Holzzaun darauf) als Schutz gegen das - von den umliegenden Hügeln massiv abfließende -Regenwasser aufgesetzt war. Sie waren wegen des nahen Hügels kürzer und nur 35 bis 60 Meter lang. Vermutlich war auf den Wall ein Holzzaun aufgesetzt. Dahinter sind ein Weg und Feldparzellen im Hügel erkennbar, die der doppelten Breite der Hausparzellen entsprechen.

 

Eigene Wallanlage an der Nordostseite deutet auf Herrensitz hin

 

Die nordöstliche Ecke ist rundherum und somit zur Gänze mit einer eigenen Böschung versehen, die auf allen vier Seiten erkennbar ist und zwischen 1,5 und 2 Meter hoch ist. Die eingegrenzte Fläche ist unregelmäßig und misst etwa 40m (N) x 90 (W) x 35m (bogenförmig, S) x 100m (W). Sie ist entsprechend auch gegenüber der Dorfstraße eingetieft. Das südliche Drittel liegt jedoch etwa einen halben Meter höher als die übrige Fläche.

 

Ursprünglich dürfte dieses künstlich aufgeschüttete Plateau deutlich höher gewesen sein und einem mit Holzzäunen befestigten Haus - möglicherweise einem turmartigen Wohn- und Wehrturm - als Standort gedient haben. 

 

In diesem Bereich sind heute auch zwei Löcher mit je rund einem Meter Tiefe sichtbar - sie stammen vermutlich von Bombeneinschlägen im Zweiten Weltkrieg.

 

Der bis zu 10 Meter breite Wall im Süden dieses eigens abgegrenzten Bereich zum Dorf hin könnte zudem als Ausgang aus dem Dorf zu den dahinter liegenden Feldern gedient haben. Der Holzzaun dürfte in diesem Außenbereich – wie bei den beiden Ortseingängen – ein Tor gehabt haben, das nachts zum Schutz gegen Plünderer und wilde Tiere zugesperrt wurde.

 

Weinberg nördlich des Dorfes

 

Die Feldterrassen auf einem Hügel nördlich des Dorfes sind nach wie vor deutlich erkennbar und haben die Optik von Weingärten, wie sie noch heute angelegt werden. Das Gelände ist sehr steil, der Hang blickt in den Süden. Östlich des Weinberges führt ein Weg hinauf, an dessen Beginn rechterhand noch ein tiefes Stellungsloch aus dem Zweiten Weltkrieg zu sehen ist. Westlich und südlich des Ortes könnten sich Felder und Weiden befunden haben.

 

Kurzvideo zur Ortswüstung

Auf der Laserscan-Luftbildkarte werden die Dorf- und Agrarstrukturen aus dem Mittelalter erkennbar
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Rekonstruktion eines mittelalterlichen Dorfes mit Schutzanlage in Deutschland: Solche Fachwerkhäuser, mit Stroh oder Schilf gedeckt, waren auch bei uns verbreitet
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Der nordöstliche Teil der Siedlung ist mit einer Böschung-Wall-Anlage extra eingegrenzt. Im südlichen Teil ist eine schwache Erhebung auszunehmen.
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